Normseite und Normzeile – was bedeutet das?

Zwei wichtige Maßeinheiten für Autoren...

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Wer für andere Texte verfasst oder sein erstes eigenes Buch veröffentlichen möchte, stolpert eher früher als später über die Begriffe „Normzeile“ und „Normseite“.

Aber was genau hat es damit auf sich und welcher Norm entsprechen sie überhaupt?

Normseiten und Normzeilen – warum?

Beide Bezeichnungen stammen ursprünglich aus der Übersetzungsbranche. Sie wurden für die Abrechnung von Aufträgen verwendet:

Der Anbieter konnte nach einem klar definierten Schema den Arbeitsaufwand einer Übersetzung berechnen und als Kunde bekam man so die Möglichkeit, verschiedene Angebote besser miteinander vergleichen zu können.

Kein Wunder, dass auch viele Texter (sowie Lektoren) nach diesem Schema kalkulieren, besonders in deutschsprachigen Ländern.

Anders sieht es in englischsprachigen Gebieten aus. Dort dient oft die Anzahl der Wörter als Abrechnungsbasis. Aber warum dieser Sonderweg im Deutschen?

Das hat damit zu tun, dass man in der deutschen Sprache nahezu beliebig lange, orthographisch korrekte Wörter erfinden kann – bestimmt kennst Du die „Dampfschifffahrtskapitänsmützenanstecknadelaufbewahrungsschachtel“ oder ähnliche Gebilde! 🙂

Das geht im Englischen – und auch in romanischen Sprachen – nicht so einfach:

Dort wäre obiges Objekt eine „steamboat captains cap pin storage box“ – sechs Wörter, die wir im Deutschen in ein einziges Wort packen. Ein Honorar pro Wort würde dann aber dem Arbeitsaufwand nicht gerecht, den ein Textschaffender leisten muss.

Die Normzeile erklärt (in mehr als einer Zeile)

Anders als der Wortbestandteil „Norm“ vermuten lässt, gibt es weder eine Norm, noch eine Verordnung oder ein anderes gesetzesähnliches Konstrukt, das die Länge einer Normzeile festlegt.

Gebräuchliche Definitionen einer Normzeile:

  • 50 bis 55 Anschläge (mit Leerzeichen)
  • ca. 40 Schriftzeichen (ohne Leerzeichen)

Die erste Variante ist die gängigere Zählweise, da viele Textverarbeitungsprogramme beim Zählen der Zeichen eines Textes grundsätzlich alle Zeichen berücksichtigen (einschließlich Leerzeichen und Satzzeichen).

Übrigens, Normzeilen heißen auch „Standardzeilen“. Beide Begriffe sind untereinander austauschbar und meinen dasselbe.

Die Normseite erklärt (tatsächlich auf einer Seite)

Wenn es darum geht, wie viel Text man auf einer Seite unterbringen kann, spielen etliche Faktoren eine Rolle. Da hätten wir unter anderem

  • das verwendete Papierformat,
  • die Schriftart und die Schriftgröße sowie
  • den Zeichen- und Zeilenabstand.

Auf die Spitze getrieben, stünde bei ausreichender Schriftgröße nur ein einziger Buchstabe auf einer Seite… 😉

Das Konstrukt der Normseite (auch „Standardseite“) stammt ursprünglich aus der Zeit der manuellen Schreibmaschinen mit Festbreitenschriften (z.B. Courier), als man die Länge einer Zeile konkret in Anzahl der Anschläge messen konnte.

Anders als bei der Normzeile, gibt es bei der Normseite tatsächlich einige Vorgaben von mehr oder minder offizieller Stelle.

Ich gehe hier absichtlich nicht auf Details ein, da im Grunde jeder Verein und jede Gruppierung eigene Vorgaben in den Raum werfen darf. Immerhin hat keine davon wirklichen Gesetzescharakter, bestenfalls sind sie ein Vertragsbestandteil.

Diese Definitionen einer Normseite gibt es:

  • maximal 30 Zeilen zu jeweils maximal 60 Anschlägen
  • pauschal 1.800 Zeichen (inklusive Leer- und Satzzeichen)
  • 1.500 Zeichen (inklusive Leer- und Satzzeichen)

Die erste Definition gilt als die älteste Variante. Sie ist zwar etwas schwammig formuliert, aber dafür sehr realitätsnah: Der zugrunde liegende Text wird in ein Raster von 30 × 60 Zeichen gesetzt und dann gezählt.

Die zweite Definition entspricht dem Maximum der Originalen (60 Zeichen × 30 Zeilen). Sie liefert in der Realität aber ein um bis zu 20 % verfälschtes Ergebnis der tatsächlichen Textlänge.

Bleibt also die dritte Definition… und jene ist auch die am häufigsten verwendete. [Hätte ich ja eigentlich gleich schreiben können, oder? ;-)]

Und was lernen wir daraus?

Normzeilen und Normseiten sind zwei wichtige Konstrukte für Texter, Übersetzer und artverwandte Berufsgruppen, um den Arbeitsaufwand und somit mögliche Honorare sinnvoll berechnen zu können.

Auch helfen sie dabei, sich den Umfang eines Textes besser vorzustellen: 27.800 Zeichen sind beispielsweise doch eine ziemlich abstrakte Zahl, während 19 Seiten schon ein klareres Bild ergeben.


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