Ich kann mir kaum ein schöneres Hobby als kreatives Schreiben vorstellen. Geht Dir bestimmt auch so. Und trotzdem ist es sicher nicht so weit verbreitet, wie beispielsweise Fußballspielen oder Stricken.
Wenn man also bedenkt, dass wir Autoren eher eine kleine Zielgruppe sind, gibt es auf dem Markt eine erstaunlich große Auswahl an digitalen Hilfsmitteln.
Ich meine damit die unter dem Label „Autorensoftware“ erhältlichen Schreibprogramme, mit deren Unterstützung Du angeblich in Windeseile Ideen sammeln, Handlungsstränge strukturieren, Geschichten verfassen und per Mausklick auf den üblichen Plattformen veröffentlichen kannst.
Und natürlich, liest man sich die Websites der Anbieter durch, geht es heutzutage nicht mehr ohne. Wer nutzt denn noch eine simple Textverarbeitung wie Word oder OpenOffice / LibreOffice, wenn es doch professionelle Software für professionelle Schreiber gibt?
Ich.
Und täglich lockt die Autorensoftware
Zugegeben, ein paar Mal lag mein Mauszeiger auch schon auf dem Bestellen-Button. Es klingt ja schließlich alles ziemlich verlockend:
Mit wenigen Mausklicks und der passenden Schablone ist nicht nur das Cover gestaltet, sondern auch bereits eine grobe Struktur für das Buch angelegt. Jetzt „nur noch“ Lebensläufe, Mindmaps, Time- und Storylines in die dafür vorgesehenen Felder tippen und im „Meditiermodus“ (oder wie das heißt) ganz auf das Schreiben konzentrieren.
Selbstverständlich sorgt die eingebaute Stilanalyse dafür, dass der übermäßige Gebrauch von Füllwörtern, Wortwiederholungen oder zu langen Schachtelsätzen der Vergangenheit angehört. Und last but not least verleiht eine künstliche Intelligenz den Texten je nach Genre und Inhalt den letzten Schliff.
So schreibst Du in kurzer Zeit einen Bestseller, der sich über diverse Schnittstellen der Programme auch gleich auf den entsprechenden Plattformen veröffentlichen lässt. Verspricht jedenfalls die Werbung.
Warum Du keine Autorensoftware verwenden solltest
Alle Schreibprogramme, die ich mir angesehen habe, erfordern eine relativ aufwändige Einarbeitung. Jedenfalls, bis man wirklich mit allen Features vertraut ist. Und die sind für mich ein weiteres Problem:
Gerade die komplexen Tools engen die eigene Kreativität stark ein, indem sie ein starres Schema propagieren, wo und wie man denn zu strukturieren und zu schreiben habe. Der Autor muss sich den Abläufen des Schreibprogramms unterordnen. Es sollte aber umgekehrt sein.
Am meisten schrecken mich solche Features wie Schreibhilfen und Stilprüfungen ab. Jeder Autor muss (!!!) seinen eigenen Stil entwickeln, um sich von anderen abzuheben. Wenn aber der integrierte Algorithmus samt KI-Assistent nur bei Schema F ein „sehr gut“ verleiht, erkennt man irgendwann an einem Text nicht mehr den Urheber, sondern dessen verwendetes Schreibprogramm.
Deshalb rate ich besonders Einsteigern davon ab. Nur weil Du viel Geld (bis zu 500 € pro Lizenz) für eine Software ausgibst, wirst Du kein besserer Autor. Du übernimmst im schlimmsten Fall nur einen starren Baukasten und baust zusätzliche Hürden auf, die Deine Kreativität einschränken könnten.
Außerdem stört mich, dass jedes Programm sein eigenes Datenformat mitliefert. Soll heißen, man ist als Nutzer auf immer und ewig an diesen einen Anbieter gefesselt, will man nicht die Hälfte seiner Aufzeichnungen zu einer Geschichte verlieren.
Wann Autorensoftware für Dich infrage kommt
Okay. Es ist natürlich auch immer eine persönliche Entscheidung:
Manche Autoren brauchen feste Strukturen und Vorgaben, um nicht in ein organisatorisches Chaos zu verfallen. Andere wiederum schätzen die Möglichkeit, sozusagen nach dem letzten Punkt ihr Buch sofort digital per Mausklick veröffentlichen zu können.
Von daher: Probiere es selbst aus! Die meisten Schreibprogramme stehen als Testversion zur Verfügung, manchmal sind sogar abgespeckte Gratisvarianten erhältlich.
Für eine aktuelle Marktübersicht, gib in der Suchmaschine Deines Vertrauens „autorensoftware“ ein und informiere Dich dann auf den Websites der jeweiligen Anbieter.
Was ich für meine Schreibprojekte nutze
Ich habe mich jedenfalls dazu entschieden, OpenOffice Writer zum Schreiben, OpenOffice Calc zum Organisieren und einen Collegeblock samt Bleistift für spontane Ideen und erste Strukturierungen zu nutzen.
Und mal ehrlich: Die größten Autoren in der Geschichte haben auf einer mechanischen Schreibmaschine getippt oder schrieben – man stelle sich vor – tatsächlich per Hand!